Eine Frau wünscht sich ein Kind körperlich und voller innerer Sehnsucht. Ein Mann hat eher Bilder im Kopf, was er mit dem Kind alles machen wird. An diesem Unterschied scheitert manchmal die Kommunikation des Paares. Wenn Frauen sich beklagen, dass ihr Mann nie über den Kinderwunsch spricht, stellen sie manchmal einfach nur die falschen Fragen. Viele Männer haben derweil die Tendenz, nicht über „ungelegte Eier“ zu sprechen.
Erlauben Sie sich deswegen, Sie selbst zu sein – und erlauben Sie Ihrem Partner anders zu sein.
Und: Schließen Sie nicht automatisch von sich auf Ihren Partner.
Sex ist ein sehr feiner Seismograph für die Beziehung und für die jeweilige Befindlichkeit beider Partner.
Guter Sex bedeutet sich gemeinsam zu entspannen, einander zu verinnerlichen.
Eine wichtige Voraussetzung ist dafür, dass man sich selbst begehrenswert findet.
Die moderne Sexualtherapie stellt folgende Aspekte in den Vordergrund:
Sterilität, also Unfruchtbarkeit, stellt Sexualität auf eine harte Probe. Fast alle Kinderwunschpaare kommen auch in eine sexuelle Krise.
Was passiert dabei? Das Nichteintreten einer Schwangerschaft „entwertet“ die Sexualität. Viele Kinderwunschfrauen drücken aus, dass „es“ sowieso nichts bringt (außer vielleicht um die Zeit die Eisprungs). Trotz einer Trennung von Sexualität und Fortpflanzung (Stichwort Pille oder auch IVF) scheint beides in unseren Köpfen doch noch eng verbunden zu sein.
Ein zweiter Krisenfaktor ist, dass bei wiederholten IVFs/ICSIs viele Eingriffe und Manipulationen im intimsten körperlichen Bereich der Frau stattfinden. Einige Frauen können dies von ihrem sonstigen körperlichen Erleben abspalten, andere nicht. Bei ihnen entsteht dann ein Ruhebedürfnis – und der Wunsch nach intimer Unberührtheit.
Zum Dritten gibt es kaum eine Frau, die in der Wartephase Sex haben will, damit eine mögliche Einnistung nicht gefährdet wird. Dies ist sachlich falsch, „psycho“- logisch jedoch wichtig.
Jedes Paar kann sich aktiv dafür entscheiden, Sexualität wieder in Gang zu bringen. War Sex in der Beziehung schon immer schwierig, wird es in Kinderwunschzeiten noch komplizierter. War die Sexualität vor dem Kinderwunsch gut, fällt der Weg aus der Lustlosigkeit zumindest leichter.
„Use it or lose it“ bedeutet in diesem Zusammenhang:
In einer funktionierenden Paarbeziehung stehen beide Partner in einem relativ gleichwertigen Verhältnis zueinander. Unerfüllter Kinderwunsch als Problem ist jedoch stark genug, um diese Balance zumindest phasenweise aufzumischen.
Paartherapeuten machen folgende Kurzdiagnostik bei einem Paar (vgl. u.a. Hans Jellouschek):
Beispiel für eine Selbsteinschätzung eines Paares:
Wer von beiden Partnern besetzt welchen Pol, heißt es in der Sprache von Psychologen.
Mögliche Interpretation des Beispiels:
Wenn Sie in chronischer Schieflage sind brauchen Sie externe Hilfe und Moderation – vorausgesetzt Sie möchten an diesem Zustand etwas ändern. Die einfachste und absolut positivste Lösung der Schieflage ist (vorübergehend, aber auch oft dauerhaft) der Eintritt einer intakten Schwangerschaft.
Häufige Konstellationen bei längerem unerfüllten Kinderwunsch und nach Misserfolgen sind:
Dieses Prinzip stellt auf wunderbare Art und Weise gegenseitige Unterstützung in der Paarbeziehung sicher. Der Zuwendung gebende Partner kann seine eigenen Emotionen zurückstellen, um den Partner zu helfen, dem es gerade nicht geht. Viele Kinderwunschmänner sind gute Aufbauer und Mutmacher für ihre Frau.
Doch genau darin bzw. in einer dauerhaften Fehlverteilung der Unterstützung kann auch das Problem liegen:
Tendenziell haben Männer und Frauen unterschiedliche Mechanismen, um Stress zu bewältigen. Frauen reagieren auf Stress gern mit obsessiven Gedanken („Was kann man noch machen?“, „Warum klappt es bei mir nicht?“) und Dauerschleifen von Zweifeln und negativen Erwartungen im Kopf. Diese reden Sie sich dann oft von der Seele.
Männer bewältigen unlösbaren Stress eher durch wegdrücken und wenig daran denken.
Grundsätzlich gilt bei Kinderwunsch: „Einen Teil bewältige ich alleine, einen Teil bewältigen wir zusammen.“ Diese Einstellung schützt die Beziehung und den stärkeren Partner vor Überforderung. Es ist eine klare Definition der Innengrenzen eines Paares.
Ungünstige Ausschläge gibt es in zwei Richtungen:
Beide Partner sind beruflich erfolgreich, wissen aber nicht, wie sie Scheitern, Angst und Zweifel ihrem Partner kommunizieren können. Diese Paare können sich über das „Machen“ austauschen, jedoch nur wenig über Gefühle. Zwangsläufig führt dies dazu, dass jeder Partner viel alleine bewältigen muss.
Dazu gehört oft ein sehr um seine Frau besorgter Mann und eine ängstliche Frau. Beide machen den Kinderwunsch zum gemeinsamen Hauptthema und schotten sich nach außen ab. Diese Paare versuchen zu viel zusammen zu bewältigen. Es fehlt an frischem Wind, an Autonomie und an einer Korrektur durch die Außenwelt.
Das Schöne an Partnerschaft und an Bindung ist, dass die meisten Paare instinktiv den richtigen Mittelweg für sich finden und sich ständig neu anpassen.
Qualität von Kommunikation geht vor Quantität: Manchmal ist weniger mehr. Gerade bei unerfülltem Kinderwunsch verfallen manche Paare in die Gewohnheit, das Thema ergebnislos zu zerreden. Viele Ungewissheiten und unterschiedliche Chanceneinschätzungen führen dazu, dass sich das Paar im Kreis dreht.
Irgendwann ist aber einfach alles gesagt und auch alles getan, was Sie heute tun können.
Zwei Dinge sind an dieser Stelle wichtig:
Manche Paare praktizieren phasenweise ein formalisiertes Zwiegespräch (vgl. Michael Lukas Moeller). Dabei wird zu einem festen Zeitpunkt einmal pro Woche mit Zeitbeschränkung über die Beziehung und über das Kinderwunschthema gesprochen.
Manchmal gelingt es Partnern erstaunlich schnell, den roten Knopf beim anderen zu drücken. In die kommunikative Sackgasse steuern Sie ziemlich sicher mit den Worten „immer“, „nie“ oder „typisch“. Überspitzt formuliert: „Es ist typisch für Dich, dass Du immer nur an Dich denkst und nie an mich.“ Bei diesen Reizworten macht Ihr Partner innerlich zu.
Auch Kritik sollte besser auf der Verhaltensebene als auf der Identitätsebene geäußert werden. Also nicht: „Du bist der größte Vermeider vor dem Herrn.“ Sondern: „Ich möchte, dass Du morgen im Kinderwunschzentrum anrufst.“
Die VW-Regel in der Kommunikation besagt „Vorwürfe in Wünsche“ verwandeln. Vergessen Sie gerade bei heiklen Themen frühere „typische“ Verhaltensweisen Ihres Partners – und sprechen Sie nur über die Gegenwart oder die nahe Zukunft.
Idealerweise wird ein Wunsch ohne Negation formuliert.
Vermeiden Sie zu sagen: „Ich möchte nicht, dass Du in der Wartephase schon wieder so viele Termine machst.“
Sondern formulieren Sie den Satz positiver, damit Sie bei Ihrem Mann eher Gehör finden: „Mir ist es sehr wichtig, dass du dieses Mal in der Wartephase möglichst oft bei mir zu Hause bist.“